„Grüne” Mietverträge oder Green Lease

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Die Verwendung grüner Mietverträge schafft Attraktivität und ein Alleinstellungsmerkmal am Markt. Zwischenzeitlich verfügbare Regelungsempfehlungen liefern zwar wichtige Denkanstöße, der Abschluss grüner Mietverträge sollte aber zwingend von einem Rechtsanwalt begleitet werden.

Verbesserung der Ökobilanz – Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen – Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung

Auf der Agenda moderner Unternehmen stehen diese Schlagworte neuerdings ganz oben. Der Trend macht auch vor der Nutzung und Bewirtschaftung von Immobilien nicht halt.

  
Während man sich im angelsächsischen Rechtsraum schon seit Längerem tiefergehend mit dem sogenannten „Green Lease” auseinandersetzt, ist der „grüne” Mietvertrag in Deutschland erst seit Kurzem auf dem Vormarsch. Doch trotz wachsender Popularität fehlt für diesen Mietvertrag bisher eine abschließende Definition.
 

Steigerung der Attraktivität durch ökologische – ökonomische – soziale Dimension

Im Versuch einer Definition spricht man dann von einem „grünen”
Mietvertrag, wenn er spezielle auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Regelungen enthält. Zweck dieser Vertragsgestaltung ist es, den Mieter zu einer nachhaltigen – ökologischen, ökonomischen und sozialen – Nutzung der Immobilie und den Vermieter zu deren nachhaltiger Bewirtschaftung anzuhalten.
  
Im Rahmen der Immobilienwirtschaft kann dies zu erheblichen Kostenreduzierungen sowie einer gesteigerten Attraktivität am Markt führen. Das Kriterium der Nachhaltigkeit gibt Unternehmen zusätzlich ein besonderes Argument an die Hand, sich von Mitbewerbern und Konkurrenten abzusetzen.
 

Fehlen konkreter Regelungen in Deutschland

In Deutschland fehlen bisher noch konkrete Regelungen, die einen Mietvertrag zu einem „grünen“ machen. Die Fragestellung wurde auch vom Gesetzgeber noch nicht speziell gewürdigt. Die für den angelsächsischen Raum bereits vorhandenen Regelungen sind zumindest auf den zweiten Blick auf den deutschen Rechtsraum nicht anwendbar, da das deutsche Mietrecht zum einen stärkeren Einschränkungen unterliegt als im angelsächsischen Raum, zum anderen einige Regelungen bereits marktüblich oder gesetzlich unabdingbar sind. Um diese Regelungslücke zu beheben, gibt es vielfältige Überlegungen, welche Inhalte einen „grünen” Mietvertrag prägen sollten. Ein paar Empfehlungen wurden bereits erarbeitet.
  

Regelungsoptionen

Über welche Inhalte die Mietvertragsparteien sich Gedanken machen und welche Vereinbarungen sie im Rahmen des jeweiligen Mietvertrags treffen könnten wird im Folgenden exemplarisch dargestellt
  

  • Die Parteien schaffen einen aus Mieter- sowie Vermietervertretern
    bestehenden Nachhaltigkeitsausschuss, der die Einhaltung
    der Nachhaltigkeitsvorgaben kontrolliert.
     
  • Die Bewertung des Mietobjekts erfolgt nach einem Zertifizierungssystem. Alle Vertragsparteien tun das ihrerseits Notwendige zur Beibehaltung dieser Zertifizierung.
      
  • Die Erteilung der Zertifizierung ist eine wesentliche Eigenschaft
    des Mietobjekts.
     
  • Der Mieter stellt jedem Mitarbeiter für die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit wahlweise eine Monats- oder Jahreskarte
    zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zur Verfügung.
     
  • Elektrische Energie wird zumindest zu einem bestimmten zu vereinbarenden Prozentsatz aus erneuerbaren Energiequellen bezogen. Darüber hinaus sind ausschließlich energiesparende Leuchtmittel und Elektrogeräte mit der derzeit höchsten Energieeffizienzstufe zu verwenden. Der Vermieter kann umlagefähige Betriebswirtschaftsleistungen in einer anderen, teureren Art erbringen, als es technisch und ökonomisch zwingend erforderlich ist.
      
  • Der Vermieter kann am Mietobjekt Maßnahmen zur Förderung
    der nachhaltigen Bewirtschaftung der Immobilie durchführen. Der Mieter muss diese dulden. Der Vermieter kann die Zustimmung des Mieters zur Erhöhung der Miete verlangen.

    

Problemkonstellationen

Auf den ersten Blick stellen sich die Regelungsoptionen recht griffig und unproblematisch dar. Auf den zweiten Blick ist es sinnvoll, sich mögliche Fallstricke zu vergegenwärtigen, um denkbaren Problemen vorzubeugen.
 
Einige Problemkonstellationen werden hier exemplarisch dargestellt:
  

  • Zumindest für einige der Klauseln ist fraglich, ob sie im Fall einer
    gerichtlichen Überprüfung einer AGB-rechtlichen Klauselkontrolle
    standhalten oder als unwirksam einzuordnen sind. Diese Problematik könnte gegebenenfalls hinsichtlich des Nachhaltigkeitsausschusses relevant werden. So könnte ein
    betroffener Mieter, der vom Ausschuss kontrolliert und sanktioniert
    wird, dadurch unangemessen benachteiligt werden, dass an den mit anderen Mietern besetzten Nachhaltigkeitsausschuss originäre Vermieterpflichten delegiert werden.
       
  • Ob ein bestimmter energetischer Gebäudestandard als Beschaffenheitskriterium vereinbart werden kann, birgt ein erhebliches Gefahrenpotenzial für den Vermieter. Um Haftungsrisiken zu vermeiden, sollte der Vermieter jedenfalls vorsorglich ausdrücklich vertraglich regeln, für welchen energetischen Standard er haftet.
      
  • Der Vermieter hat grundsätzlich die Pflicht, das betriebskostenrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot zu wahren. Die Nutzung von Energie, die aus erneuerbaren Energien gewonnen wird sowie die Nutzung energiesparender Leuchtmittel, Elektrogeräte, usw. ist derzeit noch um ein vielfaches teurer als herkömmliche Produkte. Daher muss das gesetzliche Wirtschaftlichkeitsgebot dahingehend eine Einschränkung erfahren,
    dass der Vermieter nachhaltige Versorgungsquellen und Gerätschaften selbst dann nutzt, wenn es den Mieter mehr kostet. Allerdings dürfen die Kosten nur innerhalb einer angemessenen Grenze überschritten werden. Wie „angemessen” in der Höhe zu definieren ist, ist noch vollkommen offen.
      
  • Der Mieter kann nach einer Entscheidung des BGH keine energetische Sanierung oder Modernisierung des Mietgegenstands verlangen, wenn die vorhandenen Anlagen den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen. Problemfälle können sich aber gerade im Rahmen der gegenteiligen Fallkonstellation ergeben, dann nämlich, wenn der Vermieter gegen den Willen des Mieters sanierend tätig werden und anschließend die Kosten auf den Mieter umlegen will.

  

Erfordernis von Einzelfallregelungen

Es ist nahezu unmöglich eine abschließende, pauschale Lösung zu entwickeln; viel zu komplex und vielfältig sind die Aspekte, die einen nachhaltigen Mietvertrag prägen. Aus den bei Weitem nicht abschließend dargestellten Problemkonstellationen kann man erkennen, dass es nicht ausreicht, sich eine Reihe von „grünen” Mietvertragsklauseln zu überlegen, um diese dann standardmäßig in einen Mietvertrag einzubauen.
  
Im Gegenteil: Die Komplexität erfordert eine Anpassung der Vertragsbestandteile an die Umstände des Einzelfalls. Der Abschluss eines „grünen” Mietvertrags macht daher eine umfassende anwaltliche Begutachtung und Beratung nötig.
 
Außerdem hängt der Inhalt des „grünen” Mietvertrags vom jeweiligen Status der Immobilie ab. So ergeben sich beispielsweise Unterschiede je nachdem, ob ein neues „grünes” Mietverhältnis geschlossen werden soll oder, ob ein bereits bestehendes Mietverhältnis um Nachhaltigkeitserwägungen erweitert werden soll.
   

Fazit

Die Vorreiter des Green Lease werden unter Umständen mit gelegentlichen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen haben; für ihr engagiertes, innovatives und verantwortungsvolles Handeln jedoch Lob und Anerkennung erfahren.
  
Individuell ausgewählte „grüne” Mietvertragsklauseln werde
sich auf Attraktivität und Wert von Immobilien erheblich auswirken und sich damit zukünftig auch in Deutschland zunehmende
Bedeutung erfreuen.
  
Damit grüne Mietverträge zu einer zukunftsträchtigen Erfolgsstory werden, sollten die sogenannten grünen Klauseln unbedingt an den Einzelfall angepasst werden. Diese Individualität zu sichern, ist eine Kernkompetenz unserer rechtsanwaltlichen Beratung.

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